Ich begegne ihr immer wieder – der sogenannten Owner’s Trap. Besonders in kleinen und mittelständischen Unternehmen ist sie weit verbreitet. Und ehrlich gesagt: Ich verstehe sie gut. Denn wer ein Unternehmen aufbaut, steckt Herzblut, Zeit und Energie hinein. Man kennt jedes Detail, jede Herausforderung, jeden Kunden. Es ist das eigene Baby.
Doch genau das wird oft zur Falle.
Ich habe in den letzten Jahren viele Unternehmerinnen und Unternehmer erlebt, die an diesem Punkt feststecken:
Sie wünschen sich, dass ihre Mitarbeitenden mit dem gleichen Engagement arbeiten wie sie selbst. Dass sie eigenverantwortlich denken, mitziehen und dieselbe Leidenschaft spüren. Doch die Realität sieht anders aus.
Was folgt, ist Enttäuschung:
„Warum versteht niemand, worum es mir hier wirklich geht?“
„Wieso muss ich alles selbst machen, damit es richtig läuft?“
Die Owner’s Trap entsteht genau hier – zwischen Anspruch und Realität.
Man bleibt zu stark im Tagesgeschäft, kontrolliert zu viel, vertraut zu wenig. Aus dem Wunsch, Qualität zu sichern, entsteht ein Kreislauf, der verhindert, dass das Unternehmen ohne den „Owner“ funktioniert.
Ich erinnere mich an ein Unternehmen, in dem der Inhaber jeden Auftrag noch persönlich freigab – selbst nach zehn Jahren. Nicht, weil sein Team schlecht war, sondern weil er nicht loslassen konnte. Die Folge: Er arbeitete 60 Stunden die Woche, war ständig unter Druck, und das Team wartete auf Freigaben, statt Verantwortung zu übernehmen.
Erst als wir gemeinsam Strukturen geschaffen und klare Verantwortlichkeiten definiert haben, änderte sich etwas.
Er lernte, loszulassen – Schritt für Schritt.
Und plötzlich entstand genau das, was er sich immer gewünscht hatte: Mitarbeitende, die Verantwortung übernehmen, mitdenken und mitgestalten.
Was hilft, um aus der Owner’s Trap herauszukommen?
- Verantwortung bewusst abgeben.
Nicht alles selbst machen, sondern klare Zuständigkeiten schaffen. - Prozesse dokumentieren.
Damit Qualität nicht an einzelnen Personen hängt. - Kommunikation stärken.
Erwartungen klar formulieren – und zuhören, wenn Rückfragen kommen. - Führung als Entwicklungsprozess verstehen.
Nicht alles muss sofort perfekt laufen. Veränderung braucht Vertrauen.
Die Owner’s Trap ist kein Zeichen von Schwäche.
Sie ist ein Zeichen von Engagement – aber auch ein Hinweis, dass Wachstum nur funktioniert, wenn man Vertrauen zulässt und Systeme schafft, die auch ohne den Gründer stabil laufen.
Oder anders gesagt:
Wer immer alles selbst trägt, verhindert, dass andere mittragen können.
